Britische Gepflogenheiten wirken auf uns Festland-Europäer ja mitunter ein wenig skurril. Das gilt in Teilen auch für Jersey. Schließlich gehört die Kanalinsel als direkt dem englischen Königshaus unterstellter Kronbesitz zum selben Kulturkreis. Und so findet sich dann auf diesem Eiland inmitten des Ärmelkanals auch manch ungewöhnlicher Advents- oder Festtagsbrauch, für den man das Copyright nicht zwingend beim Weihnachtsmann suchen sollte.
Ein Beispiel ist die Battle of Flowers Christmas Parade. Eine winterliche Variante des beliebten Sommer-Events, bei dem zahlreiche, mit Blumen geschmückte Motivwagen auf der zentralen Meile der Hauptstadt St. Helier an tausenden Zuschauern vorbeiziehen. Da aber selbst auf dem klimatisch so begünstigten Jersey frische Freiland-Schnittware im Winter nicht gedeiht, greift man am 11. Dezember zu festlich beleuchteten Eisskulpturen und Weihnachtsmotiven, die von Musikkapellen und zahlreichen Tänzern begleitet werden. Eine besonders coole Street Party zum 3. Advent.
„Frisch“ geht es traditionsgemäß auch am 1. Weihnachtstag zu, wenn sich Hunderte Jerseyaner im Rahmen des Christmas Day Swim in die Fluten des Ärmelkanals stürzen. Golfstrom hin, (verpönter) Neoprenanzug her: Es bleibt eine kalte Angelegenheit, die eine gehörige Portion Überwindung kostet. Aber auch immer mehr Anhänger findet. So gibt es inzwischen die „The 12 bay of Christmas“ challenge, bei der die Teilnehmer zwischen dem 1. und 31. Dezember an einem Dutzend der schönsten Strände Jerseys unter Aufsicht den winterlich temperierten Wellen trotzen können. Das sorgt nicht nur für Gänsehaut, sondern dank einer Teilnehmergebühr auch für die finanzielle Unterstützung karitativer Organisationen.
Neben diesen für Nicht-Briten eher unkonventionellen Festtagsbräuchen kann sich der Besucher aber auch auf klassische Weihnachtsmärkte freuen. Überschaubar und eher familiär lautet hier das Motto. Wer lokales Kunsthandwerk sucht, der wird hier fündig. Und Zeit zum Plausch mit den Marktbeschickern bleibt genügend.
Dass England und Frankreich auf Jersey eine gelungene Liaison eingegangen sind, wird auch bei den angebotenen Leckereien deutlich. Während auf dem Simply Christmas Market auf dem historischen Royal Square eher britische Küche verkostet wird, locken auf dem French Market normannische Spezialitäten wie Crêpes, Saucisson (französische Rohwürste) oder ein, zwei Gläser heißer Cidre zum Aufwärmen. Danach gehen „Merry Christmas“ oder „Joyeux Noël“ ganz locker über die Lippen.