Nach der coronabedingten Auszeit lässt das Ostseebad Binz auf Rügen eine Tradition wieder aufleben, die in den Jahren zuvor eine gute Resonanz erfahren hatte: Die Hochzeit im Badekarren am Binzer Strand mit Meeresrauschen als Hintergrundbegleitung. „Der kleine Karren ist eine offizielle Außenstelle des Binzer Standesamtes“, sagte Marikke Behrens vom Binzer Bucht Tourismus. Von Mai bis September ist diese exklusive Zeremonie möglich. Auch für die Standesbeamtin Katrin Wildenhein ist diese Saison Premiere. Sie habe erst seit Kurzem ihren Posten in Binz inne.
Neben der guten Ostseeluft sowie dem freien Blick auf Strand, Meer und Kreideküste dürfe das Brautpaar aber nicht viel Komfort erwarten, sagte Behrens. Denn der Badekarren sei mit gut vier Quadratmetern doch ziemlich klein. Da gebe es nur Platz für Braut und Bräutigam und die Standesbeamtin. „Trauzeugen sind ja keine Pflicht mehr. Aber wenn doch welche da sind, bleibt nur der Platz an der Tür.“ Die Hochzeitsgesellschaft müsse am Strand die Zeremonie verfolgen, auch der Hund müsse draußen bleiben. Das ganze Vergnügen kostet pro Trauung 250 Euro.
Die Gemeinde Binz habe den Badekarren für die Saison 2016 nach historischem Vorbild bei einer Tischlerei im niedersächsischen Hude anfertigen lassen. „Die Ursprünge des Badekarrens liegen vermutlich im beginnenden 19. Jahrhundert“, berichtete Behrens. Damals seien die Badebräuche sehr viel konservativer und prüder gewesen. Nackte Haut gab es weder von Frauen noch Männern zu sehen. Um trotzdem ein Bad in der Ostsee zu gewährleisten, seien die mobilen Umkleidekabinen ins Meer gefahren worden. Die Badegäste gingen von dort aus, geschützt vor unzüchtigen Blicken und abgeschirmt mit einer Markise bis aufs Wasser, ins kühle Nass. „Anschließend wurden die Karren samt Badegast mit Hilfe eines Pferdes wieder herausgezogen.“ Als sich dann etwa ab 1880 das Badeleben in Binz weiterentwickelte, gab es für die Holzkarren keine Nutzung mehr, am Strand wurden stattdessen Badeanstalten errichtet.